Freitag, 23. September 2016

Tag 32: Sulina bis Sfantu Gheorghe

Sulina bis Sfantu Gheorghe auf der Straße der Kormorane:

Ich war nervös! Um 4 Uhr lag ich schon wach und grübelte über die bevorstehende Fahrt. Komme ich überhaupt durch? Schwappt mich das Wasser ins Meer? Ich kannte Beschreibungen der Strecke: SEHR mühsam zu befahren, es kommen 2 Furten. Ist der Wasserstand im Delta hoch, dann steht in den beiden Furten das Wasser. Das kann bis zu hüfthoch sein. Und dann besteht die Gefahr von Strömungen .....

Die Strecke hatte ich mir mit Openstreetmap und Google Earth erstellt und auf's Navi übertragen. Screenshots aus Google Earth hatte ich mir ausgedruckt, da es kein Kartenmaterial dazu gibt.

Ich saß schon um 7 Uhr beim Frühstück. Um 8 Uhr 15 startete ich. Kurz vor dem Strand geht's in die DC5. An einem militärischen Gebäude vorbei, über eine Brücke und dann nach rechts. Ab da fuhr ich die ganze Zeit einen Kanal entlang auf einer steinigen Schotterstraße. Als Orientierung hatte ich nach einer Linkskurve noch zusätzlich die Strommasten.



Und dann sah ich sie auch schon: Kormorane! Ich sah immer und immer wieder Kormorane. Sie flogen über mich hinweg, sie waren am Wasser. Ich staunte nur so!


Die erste Furt:


Stimmt schon, es geht bergab und weiter vorne wieder bergauf. Wenn der Wasserstand höher wäre, würde sich die Furt mit Wasser füllen. Aber ich hatte nichts! Kein Wasser, kein Hindernis :) Ein paar km später kam die zweite Furt, die ähnlich aussah.

Kurz nach der ersten Furt blieb ein Auto stehen, als ich gerade Pause machte. Der Fahrer fragte mich, ob ich Probleme habe? - Nein, alles bestens. Nur trinken! - Sfantu Gheorghe? - Ja! - Dann fragte er mich mit Händen und Füßen, ob er mich mit dem Auto mitnehmen soll! - NEIN! Ich fahr doch mit dem Rad :-) Ich bedankte mich, und er fuhr weiter. Wahnsinn, wie hilfsbereit doch die Leute hier sind!

Ich kam an Seen vorbei, linkerhand genauso wie rechterhand. Was das wohl einmal war?


Recycling auf rumänisch:



Wenn man genau schaut, kann man hier einen Kormoran erkennen! Rechts im Bild, links vom Gebüsch im Vordergrund. Er war gerade aus dem Wasser gestartet.


Ich hab so viele gesehen, aber bis ich das Handy zum Fotografieren in der Hand hatte, waren sie schon weg.

Irgendwann sah ich 2 Radfahrer vor mir, und als ich näher kam, erkannte ich sie auch schon: die Allgäuer! Die hatten auch die Idee, mit dem Rad nach Sfantu Gheorghe zu fahren.

Der Weg wurde nach ca. 25 km zunehmend holpriger, danach kam der Sand. Immer mehr feiner Sand, dafür kaum noch Steine, so dass das Fahren kaum noch möglich war. Wenn in der Mitte oder am Rand Grasflächen waren, konnte man noch fahren, ansonsten musste ich schieben.



Sfantu Gheorghe in Sicht:


Und jetzt wurde es spannend. Meine Straße ging in einen Pfad über, teilte sich. Der linke Teil stimmte noch mit meinem Navi überein, allerdings sollte ich vor einem Kanal rechts abbiegen. Das war ein Damm ohne Weg. Allso nicht brauchbar. Geradeaus war auf meinem Navi nichts, ich hatte aber eine Spur vor mir. Was jetzt? Die Spur weiterfahren. Die Spur verzweigte sich noch einmal. Und jetzt? Jetzt stimmte gar nichts mehr mit meinem Navi überein ... Der auf meinem Navi eingezeichnete Pfad zeigte in einen See. Oder war das nur eine Pfütze? Seepfütze? Pfützensee? Straße mit Pfützensee? Ich fuhr lieber links herum durch die Wiese. Das erschien mir sicherer. Da drüben waren Häuser, da musste ich hin. Aber nicht nur die Häuser waren relevant, sondern auch der rechte Donauarm "Bratul Sfantu Gheorghe" und somit laut Navi die einzige Hauptstraße von Sfantu Gheorghe. Also Himmelsrichtungen anpeilen. Vielleicht funktionierte das besser? Den Pfad - dann den anderen - Wiese - Gatsch - kleine Seepfütze - das war riskant!



Aaaaaaaaaaaaaaah, da war ein 50 cm breiter Betonweg. Woher kommt der auf einmal? Rauf auf den Betonweg neben dem See. Betonweg neben der Seepfütze? Oder? Das könnte eine Straße mit Betonrand sein? Nein, das war eine Straße mit einem Gehsteig! Ich fuhr auf einem Gehsteig einer Straße, die man wegen der Pfützen schwer erkennen konnte. Uff... aber da blieb ich. Die Pfützen waren auch stellenweise kleiner oder verschwanden wieder.


Wie es aussah, hat Sfantu Gheorghe nur Sandstraßen und keine asphaltierten Straßen. Und wie es aussah, hatte es hier recht heftig geregnet. Auch gut. Hauptsache ich peilte die Haupstraße (Uferpromenade) am "Bratul Sfantu Gheorghe" an, die sah laut Navi nach einer Asphaltstraße aus. Und dann erreichte ich tatsächlich die Hauptstraße (Uferpromenade):


Ah ja ... Keine einzige Asphaltstraße in ganz Sfantu Gheorghe! Hier gibt es NUR Sandstraßen.

Bevor ich meine Pension suchte, musste ich natürlich noch zum Strand fahren. Eh klar. Ich wollte doch auch hier das Schwarze Meer sehen. Somit fuhr ich die Uferpromenade stadtauswärts bis zum Ende, bog in einen Pfad ein und schob und schob und schob und schob mein Rad bis zum Strand, dann schob ich es noch auf dem Strand, bis ich nur noch millimeterweise vom Fleck kam. Dann legte ich das Rad in den Sand und stapfte ohne Rad zum Wasser. Das war in Sulina einfacher und kürzer!


Dann das Ganze wieder zurück. Und da ich anscheinend noch immer nicht genug vom Schieben hatte, musste es auch noch der Pfad zur Mündung sein. Ein Gatsch-Pfützen-Pfad, in dem ich bis zu den Knöcheln versank. Meine Schuhe musste ich daher nachher komplett waschen! Ich hoffe, sie trocknen bis morgen.

Blick auf die Mündung:


Näher kam man von hier aus leider nicht an die Mündung, da hier dichter Urwald ist. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass man den Strand entlang bis zur Mündung gehen kann.

Dann schob und fuhr ich wieder zurück zur Uferpromenade, suchte meine Pension, ging Mittagessen im Restaurant der Pension und spazierte durch die Ortschaft.

Die kleineren Straßen haben nur einen Betongehsteig,



während die größeren Straßen gleich Betongehsteige auf beiden Seiten haben! Nobel, nobel!


Impressionen aus Sfantu Gheorghe:






Ich bin froh, dass ich diese Fahrt gemacht habe. Sie hat sich echt gelohnt! Die Straße der Kormorane hat mir wieder schöne Einblicke in die Natur gegeben, und ich konnte Vögel beobachten. In Sfantu Gheorghe hab ich mehr schöne Häuser gesehen als in Sulina! Natürlich sind auch desolate Häuser dabei wie überall auf meiner Tour durch Rumänien. Dass es NUR Sandstraßen und keine einzige Asphaltstraße gibt, ist für einen Ort am Donaudelta erstaunlich. Immerhin gibt es hier ein 4 Sterne-Resort, einige Pensionen, Restaurants (!), und es werden Bootstouren ins Donaudelta angeboten. Der Tourismus gehört abgesehen von der Fischerei zu den Haupteinnahmequellen. Aber ich hab auf meiner Radtour schon ein paarmal gestaunt. Es ist nicht das erste Mal.

Gesamtstrecke 39,71 km
Zeit in Bewegung 4 h 14'
Gesamtzeit 6 h 24'


in der Früh ziemlich frisch bei 10 °C, am Nachmittag angenehm warm mit einer Höchsttemperatur von 24 °C
sonnig den ganzen Tag

Summe aller Steigungen: 21 m (wo waren diese 21 m???)
Höhe Sulina: 4 m ü NHN
Höhe Sfantu Gheorghe: 1 m ü NHN

2 Kommentare:

  1. Du schilderst deine immer wiederkehrenden Strapazen auf sehr amüsante Weise, ich glaube das gehört dazu ;)
    Ich habe weiterhin den Verdacht, dass du das Meer nicht gebührend auskostest. Ich schätze, das einzige was dich ins Wasser bringt ist eine Tauchausrüstung. Hast du zumindest deine Hände oder Füße reingesteckt?
    Schöne Bilder mal wieder!
    Alena

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  2. Genial. ....tageweise würde ich dich echt gerne begleiten. An diesem Tag z.b. ..alles sehr strapaziert, aber faszinierend. Lgm

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